Star Trek - The Next Generation: 96
"Half A Life" (Die Auflösung)

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Staffel4
95: "The Drum..."
97: "The Host"
US-Erstsendung:
5.5.1991

SAT1-Erstsendung:
18.3.1994

Regie:
Les Landau

Drehbuch:
Peter Allan Fields

Drehbuch:
Ted Roberts
Peter Allan Fields

Gaststars:
Majel Barrett
als Lwaxana Troi

Michelle Forbes
als Dara

Terrence E. McNally
als B'Tardat

Colm Meaney
als Lieutenant O'Brien

Caryl Struyken
als Mr. Homn

David Ogden Stiers
als Dr. Timicin

Inhalt:

SzenenbildDie Enterprise empfängt Dr. Timicin, einen scheuen älteren Wissenschafter. Er benötigt Hilfe, um sein Lebenswerk zu testen: Eine Methode, mit der er die sterbende Sonne seines Planeten wieder beleben und die Zukunft seiner Kultur sichern will. Lwaxana Troi ist ebenfalls an Bord und entwickelt großes Interesse an Timicin.

Timicins Experiment schlägt fehl. Lwaxana versteht nicht, weshalb Timicin dies als das definitive Ende seiner Arbeit versteht, bis sie erfährt, dass er beinahe das Alter der "Auflösung" erreicht hat: Auf seinem Planeten wählen alle Sechzigjährigen den Freitod, um die Gesellschaft nicht länger zu belasten.

Lwaxana ist empört. Sie schlägt Timicin vor, gegen die Auflösung zu rebellieren, auf der Enterprise um Asyl zu bitten und seine Arbeit fortzusetzen. Warum sollte er seine Forschung und damit die Zukunft des ganzen Planeten aufgeben, nur um einer alten Sitte zu entsprechen, die Lwaxana ohnehin für moralisch fragwürdig hält? Timicin überwindet nach einziger Zeit sein Zögern und tut, was Lwaxana vorschlägt.

Als Timicins Absicht bekannt wird, reagiert seine Regierung mit aller Kraft: Sie verbietet ihm Zugang zu seinen eigenen Forschungsdaten, und sie schickt Kriegsschiffe in die Umlaufbahn der Enterprise, um seine Rückkehr zu erzwingen. Timicins Tochter besucht das Schiff, um ihrem Vater das asoziale – wenn nicht sogar antisoziale – Verhalten auszureden.

Timicin ist hin- und hergerissen zwischen Lwaxana und seiner eigenen Kultur: Schließlich entschließt er sich für letztere, da er ohne seine Kultur zwar sein Leben behalten könnte, aber seine Identität – seine Familie, seine Arbeit – aufgeben müsste. Er ist nicht der Rebell, den Lwaxana aus ihm machen möchte, und kehrt auf seinen Planeten zurück, um im Kreis seiner Familie zu sterben. Seine Arbeit, so hofft er, kann vielleicht doch noch von seinen Nachfolgern rechtzeitig beendet werden, um den Planeten zu retten. Lwaxanas Zuneigung überwiegt ihre Empörung, und sie begleitet Timicin auf den Planeten, um seiner Auflösung beizuwohnen.

Kommentar:

"Half a Life" ist eine träge und blutleere Episode – dies trotz der vielversprechenden Prämisse, die uns mit Fragen über die Würde und den Wert älterer Menschen konfrontiert. Man muss in diesem Fall besonders streng trennen zwischen der erzählerischen Umsetzung und der ursprünglichen Prämisse, einschließlich der Thematik, die sich aus dieser Prämisse ergibt. Denn "Half a Life" versagt nicht als Gedankenanstoß: Ganz im Gegenteil fand ich die Behandlung der Thematik so differenziert, wie ich es von einer Episode der vierten Season erwarte. Es ist die Erzählung an sich, die hier versagt: Sie entwickelt keinen Fluss, keine Kraft, und sie beteiligt mich nicht emotional am Geschehen. Die Erzählung richtet ihre ganze Aufmerksamkeit auf zwei Nebenfiguren, Lwaxana Troi und Timicin, was in meinen Augen ihr größtes Versagen ist und auch der Grund, weshalb mein Interesse nicht gehalten wurde. Der Fokus auf Nebenfiguren widerspricht völlig jener Nähe zu den Hauptfiguren, die wir in diesem Guide immer wieder (und ich denke: zurecht) als eine der großen erzählerischen Qualitäten der Serie bezeichneten. "The Next Generation" war meistens dann am schlechtesten, wenn ein Autor das Schiff mit dem "Love Boat" verwechselte, wo immer neue Gaststars an Bord kamen und eine Episode, oder einen Teil einer Episode, ganz alleine für sich beanspruchten. Doch ganz abgesehen von diesem grundsätzlichen Fehler, fehlt der Episode auch einfach jegliche Eleganz und Leichtigkeit. Obwohl der inhaltliche Konflikt in vorbildlicher Weise aus diversen Perspektiven kurz beleuchtet wird, geschieht dies auf eine schwerfällige und aufgedunsene Weise, bei der keine Freude an der Diskussion aufkommt. Wie weit dies mit Majel Barretts Darstellung zu tun hat, die zumindest meine Nerven gelegentlich belastet (mindestens so sehr, wie sie mich in anderen Szenen amüsiert), sei dahingestellt.

Schwerfällig: Nicht undifferenziert. Denn wie ich bereits erwähnt habe, finde ich die Episode inhaltlich stark und vielschichtig, auch wenn es ihr nicht gelingt, das abstrakte Thema in der menschlichen Dimension zu dramatisieren. Die Episode verlangt von uns nichts Geringeres als eine Überdenkung unserer Einstellung gegenüber älteren Menschen, im Besonderen gegenüber solch künstlichen Schranken wie dem Rentenalter, das uns – indoktriniert, wie wir sind – als etwas gänzlich Natürliches vorkommt. Verlangen wir aber nicht von vielen Rentnern, dass sie gemäss dem gesellschaftlichen Fahrplan zu sterben beginnen? Und stehen Leute, die diese Schranke aufgrund ausreichender Selbständigkeit missachten dürfen, nicht in einem asozialen Licht da, weil sie sich weigern, ihren Platz freizumachen? Entspricht diese Einstellung unserer alternden Gesellschaft?

Die Prämisse von "Half a Life" trifft den Geist der Serie, da wieder einmal die Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft zur Sprache kommt. Es ist letztlich nicht so, dass Timicin tatsächlich sterben will, aber er ist auch nicht bereit, seine Gesellschaft zu verlassen, um weiterleben zu können: Er ist der Ansicht, er verliere als Person seine Identität, wenn er nicht mehr zu seiner Gesellschaft gehöre. Dies erscheint ihm schlimmer als der Tod, und es ist sicherlich eine Einstellung, die der gesellschaftsfreundlichen "Next Generation" entspricht (vgl: "Hollow Pursuits", dt.: Der schüchterne Reginald). Jedoch bedeutet Timicins Entscheidung für die Gesellschaft in diesem Fall auch, dass die Sonne ihres Planeten vermutlich nicht rechtzeitig wiederbelebt werden kann, da Timicins Wissen und Können mit ihm sterben werden. Die Symbolik der sterbenden Sonne drängt sich nun regelrecht auf: Timicins rigide Gesellschaft, die obendrein noch in anti-individualistischer Weise die Ressourcen eines ganzen Segments der Bevölkerung systematisch eliminiert, liegt ebenso in den letzten Atemzügen wie ihre Sonne. Die "Next Generation" betont damit erneut ihre Anerkennung der überragenden Bedeutung der Gesellschaft, verurteilt sie aber auch, sobald sie der Entfaltung des Individuums im Wege steht. Die Serie bezieht keineswegs ohne Kompromiss die Position, dass die Gesellschaft über allem steht, sondern sie spricht sich immer und immer wieder für ein Gleichgewicht aus, denn nur so können letztlich sowohl Individuum wie auch Gesellschaft gesund bleiben. Es ist also keine Überraschung, wenn auch leicht zu übersehen, dass die "Auflösung" (im doppelten Sinn) am Ende der Episode als etwas Tragisches behandelt wird. Dies ist in der "Next Generation" oft der Fall, wenn in einer Geschichte ein Ungleichgewicht zwischen Gesellschaft und Individuum bestehen bleibt. Wir kommen darauf zurück anlässlich von "The Masterpiece Society" (dt.: Das künstliche Paradies) sowie "The Perfect Mate" (dt.: Eine hoffnungslose Romanze) der fünften Season. Beide dieser Episode enden auf einer tragischen Note: In ersterer "gewinnt" der Einzelne gegen die Gesellschaft, in letzterer ist es umgekehrt, und die Serie verurteilt beides.

Bemerkenswertes:

Lwaxana Troi und ihr Diener kehren zurück. Ihr letzter Auftritt war in "Ménàge à Troi" zu sehen (dt.: Die Damen Troi), ihr nächster erwartet uns in der exzellenten Folge "Cost of Living" (dt.: Hochzeit mit Hindernissen).

Die Schauspielerin Michelle Forbes hat in dieser Episode eine kleine Rolle als Timicins Tochter; sie wird in der fünften Season die Rolle der Ensign Ro übernehmen und in sämtlichen verbleibenden Seasons zu sehen sein.

Dies ist die erste Episode von Autor Peter Allan Fields, der in der fünften Season zum Autorenteam gehören wird. Es ist letztlich nie ganz klar, welcher Autor an welcher Episode gearbeitet hat – die Credits sind nur bis zu einem gewissen Grad aussagekräftig und haben vor allem eine finanzielle Bedeutung, da sie darüber entscheiden, wer für die Episode bezahlt wird (nicht nur einmal, sondern auch für eine bestimmte Zahl an Wiederholungen). Jedoch lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ein Autor, der in den Credits erwähnt wird, auch tatsächlich einen Beitrag geleistet hat; man weiß aber nicht, wie viele andere ihre Hände anonym im Spiel hatten und lediglich keinen Credit verlangten oder erhielten. Mit dieser Präambel im Hinterkopf: Peter Allan Fields wird bei zwei der besten Episoden der fünften Season als Autor genannt: "Cost of Living" und "The Inner Light" (dt.: Das zweite Leben).

Die Episode erwähnt "deathwatch facilities" (und meint damit Altersheime), die es in der Föderation nicht mehr gebe – man sei längst nicht mehr so grausam: Ein Seitenhieb mit einer gewissen Berechtigung, da das Altersheim, im Gegensatz zum wichtigen und nötigen Pflegeheim, leicht zu einer Abstellschiene wird.

Lwaxana nennt Mr. Worf hier erstmals "Woof".

Zitate:

Lwaxana: "Diplomacy. Oh, I adore diplomacy. Everyone dresses so well!"

Lwaxana: "Mr. Homn is my valet. He doesn't say much."
Geordi (zur Seite): "How can he?"

Einschaltquoten (von Martin Seebacher):

Die US-Erstausstrahlungsquoten dieser Folge sind leider nicht bekannt.

In Deutschland fand die Folge 1,78 Mio. Zuschauer bei einem Marktanteil von 17,1%.

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Letztes Update:
22. April 2003

©2003 Rafael Scholl.